
«Das Lobbying in der Schweiz weist erhebliche Mängel auf»
Heikle Verflechtungen: Ein internationaler Vergleich zeigt, wie transparent die Beeinflussung der Politik in europäischen Staaten ist.
Mit seinem ersten Entscheid stellt der neue Nationalrat die Weichen für mehr Transparenz. Doch das neue Lobbyisten-Register kann nur ein Anfang sein.
Professionelle Interessenvertreter mit einem Zutrittsbadge zum Bundeshaus müssen offenlegen, für welche Klienten sie in der Wandelhalle und auf dem Balkon weibeln. Foto: Peter Klaunzer (Keystone)
Was hat man alles lesen dürfen über dieses neue Parlament: Jünger sei es, weiblicher, progressiver und deshalb ganz bestimmt auch empfänglicher für die einschlägigen Gebote der Zeit. Gleichstellung etwa. Oder Transparenz bei der professionellen Interessenvertretung, also beim Lobbying.
Am Montag, kurz nach 18.30 Uhr, war sie dann da, die Gewissheit. Mit dem ersten politischen Geschäft der Legislatur sprach sich der Nationalrat im Grundsatz für die Schaffung eines Lobbyisten-Registers aus. Professionelle Interessenvertreter mit einem Zutrittsbadge zum Bundeshaus müssen künftig offenlegen, für welche Klienten sie durch die Wandelhalle streifen. Die Deklarationspflicht gilt auch für die zahlreichen ehemaligen Parlamentarier, die sich mit ihrem Netzwerk und ihrem lebenslangen Zugang zum Bundeshaus von Interessengruppen einspannen lassen.
Nachdem sich der alte Nationalrat im Juni mit klarem Mehr gegen das Register ausgesprochen hatte, waren die Gegner von SVP und CVP jetzt in der Unterzahl. Erstens wegen des gestärkten linksliberalen Lagers. Zweitens, weil die FDP die Seite gewechselt hat. Die Berner Mehrheit, die lange jedes Lobbying-Problem in Abrede stellte; sie bewegt sich also doch!
Das Badge-System schafft eine ungesunde Abhängigkeit der Lobbyisten von den Politikern.
Sind die Defizite der Schweizer Politik damit behoben? Die systemimmanenten Korruptionsrisiken? Das Informationsvakuum bei der Politikfinanzierung? Die Klüngelei, wenn in Sachkommissionen kaum mehr Politiker ohne sachbezogene Interessenbindungen sitzen? Natürlich nicht. Aber es gibt Hinweise, dass dieses Parlament nun den Schwung mitnimmt und in den nächsten Monaten einige dieser Problemzonen der helvetischen Demokratie angeht: